Walter Stösser

Walter Stösser (Titelbild vom Buch: Paul Hübel - Der Bergsteiger Walter Stösser)(* 1. Dezember 1900 in Pforzheim; † 1. August 1935 am Morgenhorn)
Deutscher Bergsteiger aus Pforzheim mit zahlreichen Erstbegehungen

Stößer war Gründer und Obmann der Klettergilde Battert und arbeitete ab 1919 als Lehrer. Neben der Eröffnung einiger schwierigen Routen am Battert (Kletterfelsen bei Baden-Baden) gelangen ihm zwischen 1928 und 1935 zahlreiche bedeutende Erstbegehungen in den Alpen, vorwiegend in Italien und der Schweiz. Im Sommer 1935 wagte sich Walter Stößer gemeinsam mit Theo Seybold an die Erstbegehung der Morgenhorn-Nordwand. Dabei stürzte Seybold rund 200 Meter unter dem Gipfel ab und riss Walter Stößer mit in den Tod. Vom Hüttenwart der Gspaltenhornhütte wurde der Absturz beobachtet. Die Leichen der beiden galten mit Stand 1965 noch als vermisst.

1940 veröffentlichte Paul Hübel das Buch "Der Bergsteiger Walter Stösser". In Pforzheim und München ist jeweils eine Straße nach ihm benannt.

Nanga Parbat Expedition 1932

Gelegentlich wird der Name "Walter Stösser" auch mit dem Nanga Parbat in Verbindung gebracht. Über eine Teilnahme an einer der vielen Anläufe zur Besteigung des Nanga Parbat liegen allerdings keine Informationen vor. Lediglich die nachstehende Passage aus dem Buch "Nanga Parbat: Wahrheit und Wahn des Alpinismus" von Ralf-Peter Märtin lässt auszugsweise mögliche Rückschlüsse zu:

"...Für 1932 erhielt Willo Welzenbach grünes Licht zur Planung einer Expedition zum Nanga Parbat mit gleichzeitig finanzieller Unterstützung durch den DÖAV (Deutscher und Österreichischer Alpenverein: DuÖAV, auch DÖAV bzw. DuOeAV)...die neue Mannschaft war eine kleine, aber schlagkräftige Truppe. Sie bestand aus den Sachsen Felic Simon und Fritz Wiessner, einem der besten damaligen Kletterer, der 1929 nach Amerika ausgewandert war. Dieser schlug einen guten Freund vor, Rand Herron, einen vielversprechenden amerikanischen Bergsteiger. Vierter im Bunde war Walter Stösser, ein Lehrer aus Pforzheim, der sich als "alpiner Landsknecht" verstand und dermaßen waghalsige Touren absolviert hatte, dass ihn die Schweizer Bergführer damals für verrückt erklärten. Willy Merkl kannte Welzenbach seit zehn Jahren von vielen Bergtouren. Zur Gruppe gesellte sich auch noch Kunigk. Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise stoppten jedoch die Vorbereitungen für die Expedition, da Welzenbach von seinem Arbeitgeber der Stadt München keinen längeren zusammenhängenden Urlaub erhielt. Am 30.07.16 informiert er den DÖAV, dass sich eine neue Gruppe gefunden hätte. Da der DÖAV jetzt aber die finanzielle Förderung ablehnte, sprang Herron ein, der von Haus aus mit Geldmitteln reichlich gesegnet war. Fortan firmierte das Unternehmen als "Deutsch-Amerikanische Himalaya-Expedition 1932". Willy Merkl wurde offizieller Expeditionsleiter und beschloss noch während den Vorbereitungen, den Berg von Norden, von der Rakhiot-Seite her anzugehen. Stösser verließ - aus hier nicht weiter erwähnten Gründen - die Mannschaft. Als Ersatz rückte Fritz Bechtold nach...."

(Quelle: auszugsweise Nanga Parbat: Wahrheit und Wahn des Alpinismus von Ralf-Peter Märtin († 26. April 2016))

Was geschah am 01. August 1935 am Morgenhorn (Berner Oberland)?

Nachstehender Augenzeugenbericht von Jakob Rumpf, Hüttenwirt der Gspaltenhorn-Hütte, ist dem Buch "Der Bergsteiger Walter Stösser" von Paul Hübel entnommen. Er schildert die dramatischen Ereignisse der letzten Tour der Pforzheimer Berggefährten Walter Stößer und Theo Seybold am 01. August 1935:

"...Ganz klar war der Morgen des 1. August. Um 4 Uhr sind die beiden fortgegangen über den Gamchigletscher zum Fuße der Wand. Um 5 Uhr sind sie in die Felsen eingestiegen. Um 10.30 Uhr sah ich sie unterhalb des großen Eiscouloirs. Ich konnte die beiden mit dem guten Zeißglas, welches Stößer zurückließ, oberhalb der Felsen im Eisbruch entdecken und gut unterscheiden, da Walter Stößer einen hellen Anzug und Theo Seybold einen dunklen trug. Der Fels versperrte dann die Sicht und erst etwa um 13 Uhr konnte ich sie oberhalb der Felsen im Eisbruch wieder sehen, in etwa 3400m Höhe (etwa 200 Meter unter dem Gipfel).

Es war gerade niemand auf der Hütte und so konnte ich von jetzt ab ununterbrochen ihren Kampf in den Eisabbrüchen verfolgen. Sie kamen sehr langsam voran. Die nächsten zwei Stunden brachten sie nur etwa 20 Meter höher. Da löste sich plötzlich unter ihnen ein Abbruch und krachend stürzten die Eismassen in die Tiefe. Stößer, der vorausgegangen war, wollte offenbar eine bessere Deckung ausfindig machen und stieg als erster ab, nahm etwa 6 Meter unterhalb von Seybold Stand und schlug zur Sicherung einen Eishaken. Dann kam Seybold nach. Aber nur drei bis vier Schritte. Jetzt löste sich etwa 20 Meter unterhalb ein zweites Firnstück. Nach diesem Losbruch standen die beiden Bergsteiger regungslos in der Eiswand. Stößer gebückt in Sicherstellung, Seybold aufrecht mit der einen Schulter an die Wand gelehnt. Etwa 10 Minuten vergingen, es war 3 Uhr Nachmittag. Dann glitt Seybold mit den Füßen aus. Er hatte keinen Schritt getan; ohne sich gegen den Sturz zu wehren, rutschte er wie ein gefällter Baumstamm hinunter und riß Stößer in hohem Bogen mit. Der Eishaken wurde zusammen mit einem großen Firnstück herausgerissen. Nach 30 bis 40 Meter Sturz schlugen sie auf eine Platte auf und fielen dann ins Couloir..."

Bis heute gelten die beiden Berggefährten als verschollen.

(Quelle: Auszug aus dem Buch: "Der Bergsteiger Walter Stösser" von Paul Hübel von 1939)

Stösserführe - Stösserschlucht

Ersteigungsgeschichte der Drusenfluh Südwand (neu verfasst aufgrund Nachforschungen von Guntram Jussel und FBR 2009

1930: Fünfte Durchsteigung der Wand auf teilweise neuer Route durch Walter Stösser und Ernst Seyfried. Sie kletterten rechts des markanten Pfeilers in der Wandmitte in einer Kaminschlucht empor und erreichten in etwa zwei Drittel Wandhöhe die Strubichroute, wo sie in Höhe der Terasse, von Osten her in die Kaminschlucht einmündet. Diese Kaminschlucht, durch die die beiden dann weiter zum Gipfel aufstiegen, wurde später "Stösserschlucht" genannt.
Die so genannte "Stösserführe" ist jedoch nach den neu gewonnenen Erkenntnissen über Strubichs Routenführung nicht mehr als selbständige Route über die ganze Wandhöhe anzusehen, sondern als Variante im unteren Teil der Strubichroute. Das schmälert keineswegs die Leistung der Seilschaft Stösser-Seyfried. Die Kombination der beiden Routen war ursprünglich mit dem Grad V eingestuft und galt als lange, schwierige aber auch sehr gefährliche Klettertour.

Im Jahr 1950 ereignete sich in der Drusenfluh Südwand ein Bergsturz, der die Diechtl Gedächtnisroute, die Neumann-Stanek und die Stösserroute praktisch unbegehbar machte. Das gilt auch für den Teil der originalen Strubichroute, von der wir heute wissen, dass sie durch den oberen Teil der Stösserschlucht verläuft.
Trotz aller verwirrenden Geschichten: In den heutigen Führerwerken ist eine "Strubichroute" beschrieben, die ein Klassiker wurde. - Eine lange Kletterei in gutem Fels durch eine gewaltige Wandflucht.

(Quelle: Beitrag im Forum von Gipfeltreffen.at: Erstbegehung der Drusenfluh Südwand)

Aus dem Tourenbuch von Walter Stösser

1927

  • Schwierige Bergfahrten im Wilden Kaiser und in den Dolomiten
  • Predigtstuhl (Westwand "Dülferweg")
  • Totenkirchl (Westwand "Piazweg")
  • Zahnkofel (Ostwand)
  • Langkofel (Nordkante)
  • Marmolata (Südwand)
  • Cima della Madonna (Schleierkante, 18. Beg.)
  • Val-di-Roda-Kamm (5. Beg.)
  • Guglia di Brenta
  • Crozzon di Brenta (Nordkante)
  • Adamello
  • Presanella
  • Fleischbank (Ostwand "Dülferanstieg")

1928

  • Gehrenspitze (Nordwand "Battert-Riss", 1. Beg)
  • Dreitorspitze (Nordkante, 1. Beg)
  • Einserkofel (Nordwand "Dibona-Führe", 3. Beg)
  • Weißkugel (Ostwand)
  • Gimpel (Südostkante)
  • Babylonischer Turm (Südwestkante)
  • Gimpelturm (Nordostkante, 4. Beg)
  • Schüsselkarspitze (Südwand)
  • Scharnitzspitze (Südwand)
  • Musterstein (direkte Südwand "Kubanek-Spindler-Weg", 3. Beg.)
  • Partenkirchner Dreitorspitze (Nordkante, 1. Beg.)
  • Großglockner (über Glocknerwand - Teufelshorn)
  • Kleinste Zinne (Preußriß, 3. Beg.)

1929

  • Tofana di Roces (Südwand, 1. Beg)
  • Punta di Frida (Nordwand, 1. Beg)
  • Becco di Mezzodi (Südwand, 1. Beg.)
  • Große-Zinne (Nordwestkante mit anschl. Überschreitung aller Drei Zinnen, 1. Beg)
  • Civetta (Nordwestwand "Soleder-Führe", 4. Beg)
  • Mont Blanc (Brenvaflanke "Sentinelle Rouge", 2. Beg)
  • Mont Blanc (Peuterey-Grat)
  • Monte-Pelmo-Nordwand (3. Beg)
  • Grandes Jorasses

1930

  • Dent-d'Hèrens (Nordwand "Welzenbachweg", 3. Beg)
  • Versuch Marmolata (Südwestkante)
  • Cima di Ombrett (Südwestwand, 1. Beg)
  • Antelao (Westkante, 1. Beg)
  • Drusenfluh (Südwand "Stösserweg")
  • Totenkirchl (Westwand "Dülferweg")
  • Mönch
  • Jungfrau
  • Großer Drusenturm (Nordwestkante, 1. Beg.)
  • Campanile Torre (Nordostwand "Piazweg", 3. Beg.)
  • Campanile Torre (Ostwand, 1. Beg.)
  • Campanile di Val Montanaia
  • Torre Leo (Ostwand, 1. Beg.)
  • Torre del Diavolo (Dülferweg, 7. Beg.)
  • Guglia de Amici (Dülferkante, 15. Beg.)
  • Zinalrothorn
  • Matterhorn (Zmuttgrat)

1931

  • Skifahrten im Wallis und Berner Oberland (Allalinhorn, Strahlhorn, Alphubel, Rimpfischhorn, Castor, Dufourspitze, Breithorn)
  • Patteriol-Südostpfeiler (1. Beg)
  • Versuch Bietschhorn (Südostgrat)
  • Kleiner Vernel (Südwand / Südwestkante, 1. Beg)
  • Fasulwand (Westgrat, 1. Beg.)
  • Pateriol (Südostpfeiler, 1. Beg.)

1932

  • Erstbegehung Bietschhorn (Südostgrat, 1. Beg)
  • Oeschinenhorn (Westgrat)
  • Erstbegehung Marmolata (Südpfeiler / Südwestkante)
  • Bietschhorn (Nordwestflanke, 1. Beg.)
  • Begehung Marmolata-Südpfeiler mit Fritz Kast (Erstbegehung wird von ital. Seilschaft Michelucci/Perathoner aus 1929 beansprucht)

1933

  • Versuch Durchsteigung Matterhorn-Nordwand (Seilpartner Gustl Kröner kommt durch Steinschlag ums Leben / Gustl's Vater stammt ebenfalls aus Pforzheim)
  • Doldenstock (Westgrat und Nordwestgrat, 1. Beg.)
  • Blümlisalphorn (Westwand auf neuem Weg, 1. Beg.)
  • Balmhorn (Ostwand, 1. Beg.)

1935

  • Kleines-Doldenhorn (Westgrat, 1. Beg)

letzte Tour am 01.08.1935:

  • Versuch der Erstbegehung der Morgenhorn-Nordwand, der mit tödlichem Absturz von Walter Stößer und seinem Pforzheimer Partner Theo Seybold 200m unter dem Gipfel endete
Anmerkung: Unsere Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit bzw. Richtigkeit. Die Daten wurden von verschiedenen Quellen zusammengetragen, teilweise mit unterschiedlichen bzw. abweichenden Jahreszahlen.
(Bildquelle: Stadtarchiv Pforzheim – Institut für Stadtgeschichte / Signaturen: N 186: Nr. 50, 951, 950, 35, 98, 489, 488, 490, Battert)